In Wien stehen Eltern vor einer wichtigen Entscheidung: Wählt man einen städtischen (MA 10) oder einen privaten Kindergarten? Zusätzlich erschwert der anhaltende Fachkräftemangel die Suche nach dem passenden Platz.
Wir zeigen euch die wichtigsten Kriterien für eure Auswahl und stellen eine praktische Checkliste zum Download bereit.
Unser Tipp: Auch wenn alle Fakten stimmen – vertraut auf euer Bauchgefühl! Und: Das Zusammenspiel zwischen Pädagog:innen, Eltern und Kind ist entscheidend und lässt sich im Vorfeld sowieso nur schwer einschätzen.
30 Kriterien zur Kindergartenwahl
1. Kinderwagen-Abstellplatz
Ein oft unterschätzter Punkt: sichere und ausreichend große Abstellplätze für Kinderwägen, Scooter und Fahrräder. In manchen Einrichtungen müssen Kinderwägen sogar zusammengeklappt und aufgehängt werden. Wenn sich Buggy und Fahrrad einen einzigen Haken teilen, wird schnell klar, wie wertvoll genügend Stauraum ist.

2. Kosten & Förderungen
Auch private Kindergärten erhalten eine Grundförderung der Stadt Wien. Trotzdem können Zusatzkosten für Essen, verlängerte Öffnungszeiten oder Aktivitäten entstehen. Ein Blick auf die Beitragsliste verhindert unangenehme Überraschungen.

3. Fotograf:innen
Viele MA10-Kindergärten verzichten inzwischen auf Fotograf:innen – zu viel Aufwand, zu viele Beschwerden, und wer Portraitfotos will, kann ohnehin privat zum Fotografen gehen. Oder die Elternvertretung soll alles ehrenamtlich organisieren. Private Einrichtungen sind hier oft flexibler. Wenn euch Erinnerungsfotos wichtig sind, fragt unbedingt danach.

4. Gruppengröße & Struktur
Wie viele Gruppen gibt es? Wie groß sind sie? Wie viel Fach- und Assistenzpersonal ist anwesend? Die Antworten beeinflussen Lautstärke, Alltag, Abläufe und das Wohlgefühl eurer kleinen Stadtpirat:innen.

5. Notbetrieb
Im Notbetrieb werden Eltern, die zu Hause sind, oft gebeten, ihre Kinder daheim zu lassen. Große Einrichtungen können Personal einfacher umschichten, doch bleibt dem Kindergarten bei hohem Krankenstand (z.B. der Hälfte des Personals) sowieso nicht viel anderes übrig, als die Kinder nach Hause zu schicken oder ganz zu schließen. Ist die Personaldecke aber schon von vornherein sehr dünn, wird die erste Krankheitswelle im Herbst voll einschlagen. Es sollte nachgefragt werden, wie oft der Notbetrieb im letzten Jahr vorgekommen ist.

6. Besetzte Stellen & Erfahrung
Vollzeit, Teilzeit, Ausbildung oder langjährige Erfahrung? Teilzeitstrukturen können häufiger zu Engpässen führen. Auch beim Assistenzpersonal lohnt es sich hinzusehen – ist es noch in Ausbildung?

7. AGB bei Karenz oder Jobverlust
Vor allem öffentliche Kindergärten passen Betreuungsmodelle (Halbtags statt Teilzeit) und Erwartungen an, wenn ein Elternteil zuhause ist, da sie die Betreuung primär als Unterstützung für berufstätige Eltern sehen. Das spürt man bereits bei der Anmeldung (Platz bekommen fast nur berufstätige Eltern), bei Krankheitswellen und in den Ferien (Eltern sollen in den Ferien und bei Personalnot zuhause bleiben).
Dass etwa die Betreuung eines Babys ein Vollzeitjob ist oder Großeltern einspringen müssen – falls überhaupt vorhanden – wird wenig berücksichtigt. Bei Notbetrieb werden Eltern, die zuhause sind, gerne nach Hause geschickt – in den Ferien sollen sie mitunter gar nicht kommen.

Private Einrichtungen regeln dies individueller. Wichtig, um spätere Konflikte zu vermeiden, auch unter den Eltern (berufstätige Eltern gegen Eltern die zuhause sind).
8. Ferien & Zusammenlegungen
Über Weihnachten oder im Sommer werden Standorte häufig zusammengelegt. Bei Personalengpässen passiert das manchmal auch in anderen Schulferien, obwohl es diese im Kindergarten offiziell nicht gibt. Größere Kindergärten “schlucken” meist die kleineren Kindergärten.

Zusammenlegungen sollten eigentlich mind. 1 Monat vorher angekündigt werden, passieren aber leider oft kurzfristiger. Für kleinere Kinder ist das anstrengend – neues Haus, neues Team, neue Abläufe. Fragt unbedingt nach.
9. Feste & Elternbeteiligung
Einige Kindergärten feiern Feste nur mit den Kindern, andere öffnen ihre Türen auch für Eltern – oft sogar mit eigenen Elterncafés. Gemeinsame Feste sind mehr als nur nette Programmpunkte: Sie schaffen Begegnungen, stärken die Gemeinschaft und sorgen dafür, dass kleine Sandkistenfreundschaften auch nach dem Kindergarten weitergehen.

10. Essen & Qualität
In privaten Kindergärten wird häufig frisch gekocht. In MA10-Einrichtungen wird das Essen von Gourmet Kids geliefert, meist gekühlt oder tiefgefroren. Frisch ist oft besser – solange es nicht zu lange warmgehalten wird. Fragt nach Herkunft und Zubereitung.

11. Offen, halboffen oder geschlossen?
Offene Konzepte ermöglichen Kindern, zwischen Räumen zu wechseln. Geschlossene Gruppen bieten mehr Struktur. Beide Modelle haben Vorteile – abhängig vom Alter und der Persönlichkeit eures Kindes.
12. Gartenzeit & Bewegung
Die Häufigkeit der Freiluftaktivitäten variiert stark (manche Gruppen gehen bei jedem Wetter, andere bleiben bei Kälte oder Regen drinnen). Dabei ist zu klären, ob das Personal die Geduld und Zeit für das Anziehen aller Kinder hat und bereit ist, den Schmutz (z.B. Schlamm) nach der Rückkehr zu beseitigen. Auch hoher UV-Index oder Ozonwerte beeinflussen den Aufenthalt im Freien. Da Bewegung essenziell ist, sollte im Gespräch der Tagesablauf erfragt werden.

13. Betreuungsschlüssel
Je weniger Kinder pro Pädagog:in, desto individueller die Betreuung. Üblich sind 22–25 Kinder im Kindergarten und etwa 15 im Kleinkindbereich. Eine 1:1-Betreuung wie zuhause gibt es jedoch nirgends.
14. Mitbestimmung & Elternvertretung
Viele Einrichtungen leben die Bildungspartnerschaft – Kinder und Eltern dürfen mitreden. In öffentlichen Kindergärten (wenn auch nicht überall) werden bei den Elternabenden Elternvertrauenspersonen gewählt. Einmischungen in das pädagogische Konzept sind aber unerwünscht, deshalb dieses vorher gut prüfen.
Private Einrichtungen nutzen oft aktive Eltern-Communities, die dann WhatsApp-Gruppen einrichten. Eltern-Cafes können von engagierten Eltern oder der Leitung organisiert werden. Elterngeführte Kindergärten garantieren maximale Mitbestimmung – aber auch maximale Verantwortung.

15. Räume & Ausstattung
Puppentheater, Turnsaal, Atelier oder Rückzugsräume – je vielfältiger die Umgebung, desto mehr Abenteuer sind möglich, selbst an Regentagen. Manche Kindergärten müssen die Turnsääle in der nächstgelegenen Schule nutzen, andere sind Teil eines Bildungscampusses und haben sowas gleich mit dabei.

16. Zusatzaktivitäten & Ausflüge
Musik, Yoga, Englisch, MINT oder Ausflüge – manches ist inkludiert, anderes kostet extra. Dürfen die Kinder erst Ausflüge machen, wenn sie 4 sind (weil sie erst dann trocken sind und sich selbst anziehen können)? Jede Aktivität ist ein kleiner Schatz, der entdeckt werden will.

17. Eltern-App & Kommunikation
Eine Eltern-App erleichtert den Alltag – von Essensplänen über Fotos bis zu schnellen Abmeldungen. Für sensible Themen ersetzt sie jedoch kein persönliches Gespräch. Tür-und-Angel-Gespräche mit Kind am Arm eignen sich dafür kaum; oft bleiben dann nur der Elternabend oder das idealerweise regelmäßig stattfindende Entwicklungsgespräch.

18. Ferien & Schließtage
Öffentliche Kindergärten haben zahlreiche pädagogische Tage außerhalb der Ferien, damit das Personal mit Schulkindern in der Ferienzeit Urlaub machen kann. Für Eltern heißt das: Ersatzbetreuung organisieren oder Urlaub nehmen.

Private Einrichtungen legen diese Schließtage oft in die Ferien, was den Eltern entgegenkommt. Bei der MA10 wird man in den Ferien häufig automatisch abgemeldet, da das Personal selbst Urlaub macht. Wer nicht genau dann Urlaub nehmen will, sollte vorher nachfragen oder mit Widerständen rechnen.
19. Transparenz & Wochenpläne
Eltern möchten wissen, was ihre Kinder erleben – idealerweise schon vorher. Wochenpläne, Kalender, Portfoliomappen oder kurze Infos beim Abholen schaffen Transparenz. Der Kindergarten sollte keine Blackbox sein.

20. Bücher & Medien
Bücher sind ein zentraler Schatz. Digitale Medien wie Tablets oder Bilderrahmen können sinnvoll sein, sofern sie gut integriert werden und die Kinder nicht zu klein sind.

21. Anmeldung & Modalitäten
Bei der MA10 findet die Hauptanmeldezeit im November und Dezember statt. Man kann keinen Kindergarten fix wählen, sondern nur Wünsche angeben. Trotzdem lohnt sich eine Besichtigung der umliegenden Einrichtungen und ein Interview mit Eltern, die ihre Kinder dort haben – am besten mit dieser Liste. Im März erfährt man, ob man für September einen Platz bekommen hat.

Private Kindergärten vergeben Plätze laufend, auch wenn die meisten Plätze für September frei werden, wenn die Kinder die Gruppe oder in die Schule wechseln. Die meisten Eltern melden sich dort im März an, wenn sie bei der MA10 keinen Platz bekommen haben. Eine Anzahlung sichert den Platz; frühes Anmelden erhöht die Chancen.
22. Pädagogische Schwerpunkte
Lesen, Kreativität, Natur, Nachhaltigkeit oder Selbstständigkeit – pädagogische Schwerpunkte zeigen, wofür das Haus brennt. Perfekt, wenn es gut zu eurem Kind passt.

23. Bauchgefühl
Altbau mit Charme oder moderner Campus? Licht, Farben, Gerüche und Geräuschkulisse verraten oft mehr als eine schöne Website. Unser Beispiel: Ein topmoderner Campus, der dennoch kalt wirkt und nach Lösungsmittel roch – nicht ideal für Kinder.

24. Spielzeug & Ausstattung
Montessori-Material, Kletterwand oder Trampolin – das Angebot sollte zu den Interessen eures Kindes passen. Eine inspirierende Umgebung motiviert kleine Entdecker.

25. Pädagogisches Konzept & Standards
Ob großer Träger oder kleiner Verein – alle müssen gesetzliche Standards erfüllen, die MA11 kontrolliert. Öffentliche Einrichtungen werden strenger geprüft, aber auch private achten auf hohe Qualität. Das Konzept macht den Unterschied: z. B. Montessori ohne Spielzeug oder Infans mit starker Individualisierung.

26. Trockenwerden & Unterstützung
Begleitet der Kindergarten das Trockenwerden aktiv? Wird geduldig reagiert, wenn etwas passiert? Manche unterstützen mit Routinen oder Stickerlisten, andere greifen schneller zur Windel, um sich die Arbeit zu erleichtern – auch gegen den Wunsch der Eltern.

27. Erfahrung der Pädagog:innen
Erfahrung ist wertvoll – bei Leitung und Team. Aber Gruppen und Personal können wechseln und man kann sich die Gruppe nicht aussuchen. Entscheidend bleibt immer das Verhältnis zwischen Pädagog:in, Kind und Eltern. Wenn die Chemie nicht stimmt, kann auch ein Wechsel nötig sein.

28. Leitung & Präsenz im Alltag
Eine Leitung, die im Alltag präsent ist und notfalls einspringt, weiß, was in den Gruppen passiert. In großen Häusern oder bei Teilzeitleitungen ist das nicht immer möglich – ein sichtbares, engagiertes Team ist jedenfalls ein gutes Zeichen. Eine Leitung, die sich im Büro verschanzt ist eher ein Warnsignal.
29. Religiöse Ausrichtung
Muslimisch, katholisch oder neutral? Selbst staatliche Kindergärten feiern nicht überall Martinsfest – manchmal wird es zum Laternen- oder Lichterfest, um niemanden auszuschließen.

30. Fluktuation
Private Kindergärten haben häufig höhere Fluktuation – außer die Leitung hat ein gutes Händchen beim Personal. Öffentliche Einrichtungen achten stark auf Personalstabilität, da neue Fachkräfte schwer zu finden und teuer sind. Dabei wird besonders darauf geachtet:
- dass Eltern in den Schulferien Urlaub nehmen, damit das Personal mit Schulkindern ebenfalls Urlaub machen kann
- dass Kinder nicht krank oder mit Nureflex gebracht werden und nach Fieber drei weitere Tage zuhause bleiben
- dass Eltern im Notbetrieb, sofern zuhause, nicht kommen
- dass es viele pädagogische Tage außerhalb der Ferien gibt
- dass Mitarbeiter:innen möglichst wenig Überstunden machen
- dass Urlaubswünsche erfüllt werden – auch wenn Kinder dafür den Kindergarten wechseln müssen
Das geht oft gegen die Interessen von Eltern und Kindern.
Beim Assistenzpersonal ist eine hohe Fluktuation leider nicht ungewöhnlich. Die Stellen werden oft als 80% Putzdienst ausgeschrieben, während die Realität verlangt, dass regelmäßig Fachkraftaufgaben übernommen werden – und das zu einem deutlich schlechteren Gehalt.

Eltern in privaten Kindergärten haben hier durch den höheren Elternbeitrag ein gewisses Druckmittel. Die Unterschiede bei der Personalzufriedenheit zeigen sich jedeoch deutlich in den Bewertungen auf kununu, der Plattform für Arbeitgeber:innenbewertungen.

Fazit und Checkliste
Hier findet ihr unsere Checkliste, die ihr ausgedruckt zum Kindergarten mitnehmen könnt: hier klicken zum Download

Welche Punkte sind in eurem Kindergarten wichtig oder fehlen noch auf unserer Liste? Schreibt es in die Kommentare!



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